Chronische Obstipation.
Morbus Hirschsprung .
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Vorkommen. 

Relativ häufige angeborene Missbildung (1 auf 3000-5000 Neugeborene). Bei einem Teil der Patienten ist familiäres Vorkommen nachweisbar.

 
Klinische Bedeutung. 

In 5-10 % der Kinder mit chronischer Obstipation ist eine anatomisch fassbare Ursache nachweisbar; meistens ein M. Hirschsprung oder eine andere Innervationsstörung des Darms. Chronische Obstipation ist eine mögliche Ursache eines akuten Abdomens beim Neugeborenen. Bei ausbleibender Diagnose und Therapie besteht die Gefahr von lebensgefährlichen Komplikationen (Enterokolitis und toxisches Megakolon) oder Gedeihstörungen und Beeinträchtigung der Lebensqualität. Der M. Hirschsprung kann operativ definitiv geheilt werden.

 
Aetiologie.Illustrationen

Ab Anus in unterschiedlicher Distanz nach oral: Fehlen der Ganglienzellen des Plexus submukosus und myenterikus, Hyperplasie der submukösen parasympathischen Nervenfasern und Verminderung der neuroendokrinen Zellen des Darms. Vor allem bei langstreckigen Formen kommt eine geschlechtsgebundene Vererbung mit unterschiedlicher Penetranz vor. Mutationen des RET-Protoonkogens in Chromosom 10 und des Endothelin-B Rezeptor Gens in Chromosom 13 spielen eine Rolle.


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Pathologie, anatomische Formen .Illustrationen

In mehr als 70% tritt die sogenannt klassische Form auf: Übergang des aganglionären aboralen Darmabschnittes in den oralwärts gelegenen normal innervierten Abschnitt auf Höhe des Rektosigmoids. Bei tiefer Lage dieser sogenannten Übergangszone spricht man von ultrakurzer Form (Innervationsdefizit bis 3 cm ab Anokutanlinie) oder langer Form, wenn der Übergang oral von der linken Flexur liegt. Das ganze Kolon (und darüber hinaus der Dünndarm bis zum Magen) kann befallen sein. In diesem Fall spricht man vom Zuelzer-Wilson Syndrom.


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Pathophysiologie 1.Illustrationen
Im betroffenen Darmabschnitt besteht keine regelrechte Peristaltik, sodass sich dieser trotz offenen Darmlumens als Obstruktion für Stuhl- und Windabgang auswirkt. Der oral davon gelegene Darm entwickelt eine Hypertrophie der Muskulatur und sekundär eine Dilatation, woher die Bezeichnung Megakolon herrührt.


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Pathophysiologie 2.Illustrationen
Achalasie des M. sphinkter internus. Bei einsetzendem Defäkationsmechanismus bleibt die normale Relaxation des M. sphinkter internus aus.


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Pathophysiologie 3.Illustrationen
Die Stase des Darminhaltes und eine verminderte lokale Infektabwehr können zur Enterokolitis und zum toxischen Megakolon führen. Diese wiederum können vor allem im 1. Lebensjahr Grund für einen Exitus letalis sein.


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Klinisches Bild (Anamnese, Befunde, clinical skills).Illustrationen

Die pränatale Diagnose kann auf Grund einer Motilitätsstörung des Darmes mittels Ultraschall vermutet werden.

Die Klinik hängt ab vom Alter des Patienten und der Ernährung: Bei Neugeborenen meistens diskrete Symptome wie über 36 Stunden verzögerter Mekoniumabgang oder Absetzen des Mekoniums in kleinsten Portionen; oder seltener lebensbedrohliches akutes Abdomen zufolge Neugeborenenileus, spontaner Darmperforation oder Enterokolitis. Im Säuglingsalter chronische Obstipation, die sich beim Übergang auf eine künstliche Milch etabliert. Vorher diskrete Zeichen wie Tendenz zu aufgetriebenem Abdomen, seltenem Flatusabgang und etwas übelriechendem Muttermilchstuhl d. h. nicht goldgelb, salbenartig und säuerlich aromatisch riechend. Später aufgetriebenes Abdomen mit reduziertem Ernährungszustand. Klinik irreführend bei ultrakurzer Form oder totalem Kolonbefall.


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Natürlicher Krankheitsverlauf.Illustration

Chronische Obstipation, Gedeihstörung, reduzierter Ernährungszustand und laufende Gefahr eines toxischen Megakolons.


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Differentialdiagnose.Illustrationen

Je nach Alter und klinischem Bild: Diejenigen des akuten Abdomens vorallem im 1. Lebensjahr, diejenigen der chronischen Obstipation, des aufgetriebenen Abdomens oder der Gedeihstörung auch darüber hinaus.


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Ergänzende Untersuchungen.Illustrationen

Diese basieren auf 3 Säulen, da die einzelnen Untersuchungen je nach Alter des Patienten, Untersuchungstechnik und Erfahrung des Untersuchers vor allem falsch-negativ ausfallen können. Kontrastmitteleinlauf zur Diagnose und vor allem Höhenlokalisation der Übergangszone. Anorektale Druckmessung zum Nachweis einer fehlenden Relaxation des M. sphinkter internus. Schleimhaut- oder chirurgisch gewonnene Biopsien zur Diagnose und Differentialdiagnose (andere Innervationsstörungen).


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Therapie 1.Illustrationen

Abgesehen von Neugeborenen mit spontaner Darmperforation und toxischem Megakolon erfolgt die Therapie zunächst konservativ mit mindestens ein- bis zweimaliger ausgiebiger Darmspülung pro Tag mit physiologicher NaCl-Lösung durch die angeleiteten Eltern. Damit lässt sich die z.B. in den USA geläufige temporäre Kolostomie bis zur definitiven Durchzugsoperation im Alter von 4-6 Monaten vermeiden.


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Therapie 2.Illustrationen

Die in den Abbildungen vorgestellte Durchzugsoperation nach Swenson-Grob ist eine von mehreren möglichen. Wichtig ist, dass
a) kein aganglionäres Segment belassen wird,
b) das Kolon jenseits der Übergangszone untersucht wird (Abschnitt mit Hypoganglionose oder neuronaler Kolondysplasie oral der Übergangszone),
c) die Achalasie berücksichtigt wird und
d) eine spezialärztliche Nachsorge bis zur Pubertät erfolgt.
Heute können diese Eingriffe auch als minimal-invasives Verfahren vom Anus aus vorgenommen werden.


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Prognose. 

Die Mortalität liegt unter oder bei 5 %. Langzeitkontrollen durch erfahrene Kinderchirurgen zeigen, dass in 10-15 % Obstipation, Enkopresis und Enuresis, Diarrhoe und Enterokolitis vorkommen können, und dass in der Adoleszenz i. d. R. keine Stuhlinkontinenz, keine relevante Blasenentleerungsstörungen und keine Erektionsstörungen vorliegen.