Bewusstlosigkeit bzw. Bewusstseinstrübung
aus kinderchirurgischer Sicht
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Commotio cerebri, atypische Commotio cerebri. Generell leichtes Schädelhirntrauma.
(Für Commotio cerebri gibt es das Synonym 'Hirnerschütterung', für atypische Commotio cerebri die Synonyme Delayed Encephalopathy, Traumatic Stupor, Syndrome of Cerebral Concussion in Children, Einschlafsyndrom, Benigne sekundäre Bewusstseinstrübung, Amaurosis fugax und andere Begriffe).


 
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Vorkommen. 

Das sogenannt leichte Schädelhirntrauma kommt sehr häufig vor.

 
Klinische Bedeutung. 

Es kann sich beim Kind in Form einer atypischen Commotio cerebri präsentieren, welche beim Erwachsenen ungewöhnlich ist. Schwere Formen von Schädelhirntrauma, z. B. ein akutes Epiduralhämatom, dürfen nicht verpasst werden.

 
Aetiologie. 

Im Spielalter Flachstürze; darnach Hochstürze oder Verletzungen im Strassenverkehr, bei Spiel und Sport oder erhaltene Schläge bei Auseinandersetzungen.

 
Pathophysiologie. 

Im Gegensatz zum schweren Schädelhirntrauma tritt eine akute Bremsung oder Beschleunigung des Kopfes nur in mässigem Grad und nicht mehrfach hintereinander auf. Die resultierende Hirnerschütterung weist kein bei konventioneller Histologie auf länger fassbares anatomisches Substrat auf.
Im Falle einer bereits bestehenden Migräne kann ein leichtes Schädelhirntrauma einen Migräneanfall auslösen, was einige Fälle von atypischer Commotio cerebri erklärt.

 
Klinisches Bild (Anamnese, Befunde, clinical skills). Illustrationen

Initiale Bewusstlosigkeit von längstens 15 Minuten, welche von einer maximal 1 Stunde dauernden Bewusstseinstrübung gefolgt sein kann, ist die schwerst mögliche Präsentation einer Commotio cerebri. Die Anamnese soll Unfallhergang und Verhalten des Kindes darnach ermitteln und eine Amnesie eruieren. Nebst einer beobachteten Bewusstseinsstörung lassen Apathie, Unaufmerksamkeit, Unfähigkeit auf einander folgende Aufgaben zu lösen u. a. auf eine Commotio cerebri schliessen. Da eine lückenlose Beobachtung nach dem Unfallereignis oft nicht möglich ist, da eine Amnesie als Indiz einer stattgefundenen Bewusstseinsstörung erst beim Schulkind eruiert werden kann, und da leichtere Hirnleistungsstörungen (wie sie vom erwachsenen Sportler bekannt sind) der Beobachtung entgehen, kann die Diagnose einer Commotio cerebri beim Kleinkind verpasst werden.

Im Moment der Untersuchung findet sich keine oder nur eine geringe Erniedrigung der Bewusstseinslage (Glasgow Coma Scale 15-12). Die neurologische Untersuchung ist oft unauffällig. Prellmarken, Schürfkontusionen und Rissquetschwunden im Kopfbereich sowie neurovegetative Symptome wie Erbrechen, Blässe und Schweissausbrüche deuten auf Schädelhirntrauma hin.

Bei der atypischen Commotio cerebri ist das klinische Bild eindrücklicher: Eine kurze initiale Bewusstlosigkeit ist von einer Bewusstseinstrübung längerer Dauer und/oder starken Fluktuationen gefolgt; die Patienten sind im letztgenannten Fall kurzfristig weckbar, gelegentlich jedoch selbst mit starken Schmerzreizen nicht weckbar. Der geschilderte Ablauf kann auch nach einem symptomfreien Intervall mit oder ohne initiale Bewusstlosigkeit beobachtet werden. Oft finden sich zusätzlich flüchtige neurologische und starke vegetative Symptome. Erstere können auch wie im Fall der Amaurosis fugax isoliert auftreten. Nach spätestens 24 Stunden findet sich bis auf vegetative Symptome eine folgenlose Erholung.


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Natürlicher Krankheitsverlauf. 

In der Mehrzahl endet der Verlauf mit folgenlosem Ausgang. Ein postkommotionelles Syndrom kommt auch beim Kind vor (neurovegetative und psychoorganische Symptome sowie Schulprobleme). Gelegentlich ist ein Frühanfall in den ersten Stunden nach dem Unfall möglich mit Überlagerung des klinischen Bildes, so dass das Schädelhirntrauma irrtümlicherweise schwerer eingeschätzt wird.

 
Differentialdiagnose.Illustrationen

Bei klassischer Commotio cerebri müssen andere Ursachen nur bei Unkenntnis eines Unfallereignisses oder bei einem Frühanfall in Betracht gezogen werden. Bei atypischer Commotio cerebri müssen generell alle Ursachen einer Bewusstseinsstörung, speziell eine Hirnkontusion, ein Epiduralhämatom, Medikamenten-, Alkohol- oder Drogeneinfluss sowie eine Konversionsreaktion ausgeschlossen werden. In einem kleineren Teil der Patienten kann es sich bei atypischer Commotio cerebri um eine traumatisch ausgelöste Migraine accompagnée handeln.


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Ergänzende Untersuchungen. Illustration

Bei Verdacht auf Schädelfraktur (Anamnese: Ereignis, Incidental Injury, Alter 0.6-2.0 Jahre, Status: Lokalbefund am Schädel) werden Schädelaufnahmen in 1 bzw. 2 Ebenen gemacht und evtl. ein CT eingesetzt, letzteres immer bei Verdacht auf Hirnkontusion oder Epiduralhämatom und speziellen Schädelfrakturen.


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Therapie.Illustration

Tagesambulante oder stationäre Überwachung für 2-3 Tage je nach Commotioform und auf Grund verschiedener Kriterien. Fatal ausgehende atypische Commotio cerebri oder verpasstes Epiduralhämatom wiegen schwer.


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Prognose. 

Siehe 'natürlicher Krankheitsverlauf' weiter oben.